Die Stadt am Zwin von Stefan Feld
Die Spielidee:
Fluch und Segen liegen manchmal näher, als man denkt:
Als im 12. Jahrhundert eine Sturmflut Brügge heimsucht entsteht das Zwin. Dieser Seearm verbindet die Stadt mit der Nordsee und macht Brügge zu einer der mächtigsten Handelsstädte seiner Zeit. Schiffe aus aller Herren Länder kommen nach Brügge und ermöglichen den findigen Bürgern der Stadt völlig neue Handelsmöglichkeiten. Nun können die Spieler die Gunst der Stunde nutzen. Es gilt, mit den Reisenden zu handeln und von den Vorteilen der Börse zu profitieren.
Meine Meinung zur Aufmachung:
Wie auch schon bei Brügge, stammen die Illustrationen von Michael Menzel. Somit finden wir auch bei der Erweiterung eine gewohnte Grafik. Dieses Mal sieht man ein Schiff, das be- oder entladen wird und im Vordergrund eine Frau, die wahrscheinlich nicht aus der Gegend stammt (trägt einen Reisemantel). Das heißt, dass auch bei der Erweiterung wieder ein paar Elemente in der Grafik aufgegriffen werden. Zum einen eben die Tatsache, dass man jetzt Schiffe beladen kann bzw. durch Schiffe Vorteile erhalten kann und zum anderen, dass innerhalb der Personenkarten jetzt auch Menschen aus anderen Staaten auf unsere Bewohner Brügges stoßen. Welche Unterschiede oder Besonderheiten diese Personenkarten mit sich bringen, werde ich im weiteren Verlauf der Rezension noch näher erläutern.
Bzgl. der Aufmachung lässt sich ansonsten nicht mehr viel sagen. Die Grafik ist auch schon wie bei Brügge passend gewählt und dem Thema entsprechend gestaltet. Hinzukommt, dass der Karton wesentlich kleiner ist, als die des Basisspiels. Aber das ist ja normal. Dabei gällt mir gut, dass der Karton nicht zu groß ist. Meist hat man das Problem, dass Verlage Kartons wählen, die einfach nicht der Menge der Erweiterungen entsprechen. Was auch noch positiv zu erwähnen ist, man bekommt den kompletten Inhalt schön ins Basisspiel untergebracht, sodass man nicht immer beide Kartons mitschleppen muss. Es wäre sogar noch Platz für eine zweite Erweiterung... :D
Meine Meinung zum Spielmaterial:
Qualitativ hat sich nichts an dem Material im Vergleich zum Basisspiel verändert. Die neuen Teile sind also genauso gut und stabil. Enthalten sind dieses Mal: 1 weiterer Spielplan (den man zum einen für den fünften Spieler und zum anderen für die Schiffe benötigt), 40 neue Personenkarten, 12 Börsenkarten (wie schon im Einführungstext erwähnt, kommt nun auch die Börse mit ins Spiel), 2 Übersichtskarten, 2 Spielerfiguren, 10 Handlanger, 1 50/100er Plättchen, 2 Statuenplättchen, 2 Spielersiegel, 3 Mehrheitenmarker, 10 Bedrohungsmarker, 10 Kanalplättchen, 30 Schiffsplättchen und 6 Aktionsmarker. Das meiste Material hat nichts mit den neuen Modulen zu tun, sondern ist einfach nur der Einführung des fünften Spielers geschuldet. Wieso man ihn nicht gleich ins Basisspiel gepackt hat, ist ganz leicht erklärt: Das macht heute kaum noch einer... es ist einfach viel lukrativer diesen in eine Erweiterung zu packen, da so die Erweiterung zum einen fülliger wirkt und zum anderen zum Kauf anreizt. Ist so eine ähnliche Geschichte wie bei Siedler von Catan, Village, Carcassonne, Machi Koro oder Tzolkin.
Spielmechanik:
Die Stadt am Zwin enthält vier neue Module, die das Grundspiel sowohl erweitern als auch neue Mechanismen einführen. Daher macht es Sinn, die Module jeweils separat zu erläutern. Wie der Name übrigens schon sagt, könnt ihr die Module in beliebiger Weise ins Spiel integrieren. Das heißt, ihr könnt alle auf einmal verwenden, oder eben nur ganz bestimmte. Wie ihr eben wollt, ganz so, als ob ihr euch ein Eis bestellen würdet ;)
- Modul 1 - Neue Bürger: Ich hatte ja schon davon gesprochen, dass es neue Personenkarten gibt. Die könnt ihr ganz einfach zu den bisherigen Karten dazumischen und wie gewohnt verwenden. Unter der Rubrik "Meinung zur Aufmachung" habe ich von Personen gesprochen, die neu in Brügge durch Schiffe landen werden. Diese Personengruppe fällt unter den Begriff "Reisende". Diese Personengruppen sind ganz nett und teilweise auch recht stark. Man kann durch sie beispielsweise den Ablagestapel nach anderen Personenkarten durchsuchen und diese dann sofort ausspielen, sofern man natürlich noch ein Haus übrig hat. Daher sollte man immer den Ablagestapel im Blick haben, denn wenn die vorgeschriebene Art von Karte nicht enthalten ist, dann verfällt die Aktionsmöglichkeit natürlich. Eine Besonderheit gibt es bzgl. der Personenkarten noch. Es wurde ein zusätzlicher "Graveur" ins Spiel gepackt. Dieser gibt jetzt nur noch einen Siegpunkt pro ausliegender Karte und kostet neun Gulden statt 12. Ich würde euch ja gerne ein Foto machen, damit ihr den Unterschied seht, aber irgendwie hatte ich schon in meinem Grundspiel den neuen :D
- Modul 2 - Der 5. Spieler: Vorab, an den Grundregeln ändert sich nichts. Ihr müsst jetzt halt nur den Zusatzplan mit einbinden, die Statuenplättchen erweitern und das ganze Zusatzmateriak bereit legen (mehr Kanalplättchen, Bedrohungsmarker und Handlanger). Eigentlich ganz simpel und selbstverständlich.
- Modul 3 - Das Zwin: So, kommen wir nun zu dem Part, wodurch die Erweiterung ihren Namen verdient hat. Wenn ihr dieses Modul spielen wollt, aber der fünfte Spieler nicht dabei ist, müsst ihr trotzdem den Zusatzplan integrieren. Denn auf ihm findet ihr den Bereich, wo die Schiffe platziert werden können. Die Schiffe bieten eine ganz nette Funktion und machen endlich den Kanalbau etwas attraktiver. Bevor ihr das Spiel beginnt, müsst ihr die Schiffe den Farben nach sortieren, mischen und so fünf verdeckte Stapel bilden. Wenn ihr euch jetzt auch noch an Phase 2 des Grundspiels erinnert, dann habt ihr schon die halbe Miete. In dieser Phase wurden die Würfel ausgewertet. Dabei waren immer die 3 und auch die 4 irrelevante Werte, da sie für nichts gebraucht wurden. Dies ändert sich ab jetzt. Jede 3 oder 4 bringt ein Schiff aufs Wasser. Das heißt, ihr geht wieder nach der Farbe des Würfels vor. Habt ihr beispielsweise eine rote 3, dann nehmt ihr das oberste Plättchen des roten Stapels und legt es mit der Vorderseite nach oben (so, dass ihr die Symbolik seht) aufs Wasser. Diese Schiffe können nun genutzt werden. Wie funktioniert das? Jedes Mal, wenn man die Aktion Kanalausbau durchführt und auch eine Karte dafür ausspielt, darf man ein Schiff nutzen. Dieses Schiff muss nicht die Farbe der abgelegten Karte haben, sondern man gibt einen Handlanger aus. Und entsprechend seiner Farbe, darf man dann das Schiff nehmen und den Vorteil nutzen. Dabei könnt ihr auf sechs unterschiedliche Vorteile treffen.
- 3 Handlanger nehmen: Der Spieler darf sich drei beliebige Handlanger aus dem allgemeinen Vorrat nehmen. In der Farbwahl ist er völlig frei.
- 6 Gulden nehmen: Der Spieler nimmt sechs Gulden aus dem Vorrat.
- 2 Bedrohungsmarker zurücklegen: Der Spieler kann bis zu zwei beliebige Bedrohungsmarker abwerfen. Jeder so abgelegte Bedrohungsmarker generiert dem Spieler einen Siegpunkt.
- Blitz-Person aktivieren: Eine bereits ausgespielte Blitz-Person kann nochmals aktiviert werden (diese lösen ihren Effekt ja immer direkt beim Ausspielen aus).
- Zusatzaktion: Der Spieler darf eine Zusatzaktion ausführen. Dazu zieht er vorher aber noch eine Karte vom Nachziehstapel.
- Stufenaufstieg: Der Spieler darf um eine Stufe im Rathaus aufsteigen.
- Modul 4 - Die Börse: Das letzte Modul betrifft die Börse. Wenn ihr dieses Modul nutzt, müsst ihr die 12 Börsenkarten zu Spielbeginn mischen und bereitlegen. Jedes Mal, wenn ihr mit Phase 1 beginnt und ihr eure Karten aufgezogen habt, deckt ihr die oberste Karte des Börsenstapels auf. An der linken Seite der Karte findet ihr immer eine Schriftrolle mit einer Zahl. Diese Zahl zeigt euch an, wie viele Marker (die Papprollen) ihr auf die Karte legen müsst. Dadurch könnt ihr sehen, wie oft ihr die Karte nutzen könnt. Ja, diese steht euch nicht unbegrenzt zur Verfügung, denn jede Karte bietet unterschiedliche Vorteile. Die Nutzung der Karte ist relativ einfach. Jede dieser Börsenkarten bevorteilt eine bestimmte Aktion. Wenn ihr in eurem Zug diese Aktion wählt, könnt ihr zusätzlich den Börsenvorteil nutzen. Beispiel: Ihr habt die Karte "Baumaterial" ausliegen. Hierbei dürft ihr beim Ausbau eines Kanalplättchens bis zu 2 Gulden weniger bezahlen. Da hier auf der Rolle eine 5 abgebildet ist, könnt ihr sie genau fünf Mal in dieser Runde nutzen. Sobald die letzte Rolle der Karte entfernt wurde, wird die Karte aus dem Spiel gelegt. Erst in der nächsten Runde (dann, wenn Phase 1 beginnt) wird eine neue Karte ausgelegt. Auch wenn die Karte gar nicht genutzt wurde oder nur teilweise, kommt in Phase 1 eine neue.
Das wären alle Neuerungen, die euch in dieser Erweiterung erwarten. Wie sinnvoll oder gelungen ich sie finde, könnt ihr dem nachfolgenden Fazit entnehmen ;)
Meine Meinung zur Erweiterung:
Schon bei der Rezension zu dem Grundspiel Brügge habe ich den positiven Einfluss der Erweiterung erwähnt. Es hat manchmal einfach keinen Sinn gemacht den Kanal auszubauen, da man mit den Personenkarten viel mehr Punkte generieren kann. Wieso sollte ich also dann meine Zeit mit dem Kanal verschwenden? Diese Frage stellt sich mit der Erweiterung nicht mehr. Denn nun kann man aus dem Kanalbau eine Menge Vorteile ziehen. Die Schiffe sind teilweise sehr stark und können den Spieler in gute Positionen bringen. Beispielsweise ist es sehr praktisch eine Zusatzaktion zu bekommen. Denn wie so oft, hat man bei Spielen von Stefan Feld das Problem, dass man vieles machen möchte, einem aber dabei die begrenzte Anzahl an Aktionen einen Strich durch die Rechnung macht. Außerdem kann man sich so die Aktion sparen Gulden oder Handlanger zu bekommen, zumal die Schiffe in der Hinsicht stärker sind. Denn durch den Kartenabwurf bekomme ich immer nur zwei Handlanger und auch immer nur in der Farbe der Karte selbst. Durch das Schiff habe ich eine viel größere Auswahl und bekomme dann auch noch 3 Handlanger. Genauso bei den Gulden. Wenn ich durch eine normale Aktion Gulden generieren möchte, muss ich die passende Karte haben und dann auch noch zusätzlich das Glück haben, dass der passende Würfel eine sechs zeigt. Durch das Schiff bekomme ich ohne große Probleme 6 Gulden. Und damit das ganze auch noch fair bleibt, kann jeder die aktiven Schiffe nutzen. Denn diese werden erst dann abgeräumt, wenn eine neue Runde beginnt. Wenn also Spieler A Schiff X nutzt, dann kann Spieler B in derselben Runde auch Schiff X nutzen. Das heißt, dass hier kein Ungleichgewicht durch die Erweiterung entsteht, da jeder dieselben Voraussetzungen hat.Anders sieht es da mit den neuen Personenkarten aus. Die Reisenden geben einen richtig mächtigen Vorteil. Ich kann mir einfach so den Ablagestapel anschauen und einen Charakter, der die Voraussetzungen erfüllt, ausspielen. Das kann ziemlich fies werden, wenn man dadurch sehr günstig eine richtig starke Karte auslegt. Ich weiß nicht, ob das so gut durchdacht war/ist. Aber naja, das Problem mit den Personenkarten hat man auch schon im Grundspiel. Von daher, bleibt man dem Spielprinzip einfach treu ;)
Die Börse kann stark sein, wird aber auch oft nicht genutzt. Meist deshalb, weil es einfach nicht zur eigenen Strategie passt. Wenn die Karten dann aber mal passen, dann gibt es richtige Kämpfe um das Ausschöpfen der Vorteile. Ich brauch das Modul jetzt nicht unbedingt in jeder Partie, ist aber auch mal ganz nett.
Da liegt auch der Vorteil dieser Erweiterung. Man kann ganz einfach Module integrieren oder weglassen. Je nach Belieben. Und das gefällt mir ganz gut. Dieses Phänomen hat man mittlerweile in vielen Spielen bzw. Erweiterungen eingeführt. Beispielsweise Escape, Carcassonne, Alhambra oder Kingdom Builder. Dort konnte man sich immer entscheiden, welche Elemente man nun nutzt oder nicht. Das finde ich immer ganz schön, da man nicht so eingeschränkt wird.
Kommen wir aber nun zu einem Punkt, den ich nicht ganz so optimal gelöst finde. Den Zusatzplan hätte man so gestalten können, dass er auch wirklich zu dem Grundplan passt. Ich weiß nicht, inwiefern ihr mit Village und den passenden Erweiterungen vertraut seid. Dort wurde es so gehandhabt, dass man gezielt den Grundspielplan modifizieren konnte, sodass es so aussah, als ob der Plan schon immer so gewesen wäre. Ja, das ist jetzt nichts essentielles, aber es wäre einfach schöner gewesen. Zumindest hätte man vielleicht Zwin und den 5. Spielerbereich einzeln produzieren können. Irgendwie sieht es nämlich doof aus, wenn gar kein fünfter Spieler dabei ist. Ach, naja... egal :D
Für mich ist diese Erweiterung auf jeden Fall eine gelungene Bereicherung für das Grundspiel, gerade was die Thematik mit den Kanalplättchen angeht. Auch neue Charaktere zu haben ist immer ganz nett und spannend. Allerdings wäre es schön gewesen, wenn man an den Karten eine Markierung unten angebracht hätte. Denn es ist schon sehr umständlich die Erweiterungskarten von den Grundspielkarten wieder zu trennen. Macht man im Prinzip eh nie, aber mir ist das heute nun einmal aufgefallen, als ich für euch die Fotos gemacht habe... ich hoffe, dass ich auch wirklich alle richtig aussortiert habe :) Man kann zwar innerhalb der Anleitung lesen, welche Karten genau hinzugekommen sind, aber es ist doch sehr umständlich. Mit einer kleinen Markierung hätte man solch ein Problem nicht.
Ansonsten lohnt sich die Erweiterung auf jeden Fall, da sie das Spiel noch viel mehr belebt und bereichert.
Die Stadt am Zwin - Handelsschiffe retten den Kanal!
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